Erweiterte Produktverantwortung für Verpackungen und das Verpackungsgesetz
Verpackungen unterliegen in Europa der sogenannten erweiterten Produktverantwortung. Das heißt, dass die Unternehmen, die verpackte Waren in den Warenverkehr bringen, gleichzeitig die Verantwortung dafür übernehmen, dass diese Verpackungen die Umwelt möglichst wenig belasten.
Am wenigsten belastet eine Verpackung, die gar nicht erst entsteht. Somit steht die Vermeidung von Verpackungen an erster Stelle der Abfallhierarchie. Die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre, wie z. B. der starke Anstieg von Online-Handel und Außer-Haus-Verzehr (Coffee-to-go), mehr Single-Haushalte, mehr berufstätige Eltern (mehr vorverarbeitete Lebensmittel), führen zu einer deutlichen Steigerung des Verpackungsverbrauchs. Der ökologische Rucksack einer verpackten Ware übersteigt in der Regel den der Verpackung um ein Vielfaches. Im Rahmen dessen sind auch die Anforderungen an Verpackungen gewachsen. Es entspricht dem Grundsatz der Vermeidung, dass die Ware durch eine entsprechend gestaltete Verpackung deutlich länger haltbar ist. Gerade diese Ausgestaltung führt aber aktuell teilweise dazu, dass Verpackungen verwendet werden, die nur eingeschränkt oder schlechter recycelbar sind, z. B. durch die Verwendung von Barriereschichten. Ein weiteres Beispiel: Eine kleine Verpackung mit „Single-Füllgröße“ vermeidet Food-Waste, erhöht aber den Verpackungsverbrauch und die Anzahl an Verpackungen steigt. Diese ökologischen Zielkonflikte verdeutlichen die Komplexität der Thematik.
Daher ist es umso wichtiger, dass die Verpackungen, die nicht vermieden werden, zumindest entweder erneut verwendet oder möglichst hochwertig recycelt werden. Eine Produktverantwortung muss umfassend gestaltet sein, die gesamte Wertschöpfungskette muss einbezogen und der Verbraucher besser informiert werden. Um das zu erreichen, ist es notwendig, hohe quantitative und qualitative Ziele zu setzen und zu erreichen. Das setzt das Verpackungsgesetz vom 12. Juli 2017 um.
Rolle, Aufgaben, Ziele: Die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) und das Verpackungsgesetz
Hersteller nach dem Verpackungsgesetz (z. B. Produzenten, Handelsunternehmen, Importeure, Versand- und Onlinehändler) müssen die Entsorgung und das Recycling ihrer Verpackungen mit Systembeteiligungspflicht finanzieren, indem sie einen Systembeteiligungsvertrag mit einem Systembetreiber schließen. Durch ihre Zahlungsverpflichtungen bekommen die Unternehmen einen ersten Anreiz, Verpackungen zu vermeiden. Wer weniger Verpackungen in Verkehr bringt, muss weniger finanzielle Mittel aufbringen, um die erweiterte Produktverantwortung für seine Produkte zu übernehmen. Das hat in der Vergangenheit zumindest bei denjenigen gut funktioniert, die diese Verpflichtung umgesetzt haben. Doch es gab einen hohen Anteil an Trittbrettfahrern – gerade in den Bereichen, in denen erhebliche Zuwächse im Verpackungsverbrauch zu verzeichnen waren.
Eine Übersicht der Systembetreiber finden Sie hier.
Kein Unternehmen darf sich mehr davor drücken, das Recycling der Verpackungen mit Systembeteiligungspflicht zu finanzieren, die es mit seinen Waren in Verkehr bringt. Um das Trittbrettfahren zu beenden, wurden mit dem Verpackungsgesetz eine Vielzahl von Definitionen und Regeln klarer gestaltet und die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) geschaffen:
- Die Produktverantwortlichen werden durch die Registrierung im Verpackungsregister LUCID für jeden sichtbar.
- Die Verwaltungsvorschriften der ZSVR stellen sicher, dass die gesetzlichen Vorgaben einheitlich angewendet und die betroffenen Hersteller gleichbehandelt werden.
- Über die zentralisierte Datenbank des Verpackungsregisters LUCID kann die ZSVR transparent abgleichen, ob alle Beteiligten ihre Verpackungsmengen rechtskonform melden.
Damit profitieren hoffentlich bald alle Hersteller/Vertreiber von der angestrebten ökologischen Lenkungswirkung des Verpackungsgesetzes,
- indem die verpflichteten Unternehmen ihrer erweiterten Produktverantwortung nachkommen und
- das Recycling ihrer mit Ware befüllten Verpackungen übernehmen, die typischerweise im Abfall des privaten Endverbrauchers landen.
Zum Verpackungsregister LUCID gelangen Sie hier.
Nicht nur die verpflichteten Unternehmen selbst geben Verpackungsmengen bei der ZSVR an. Die Systembetreiber melden die bei ihnen hinterlegten Mengen ebenfalls bei der ZSVR. Die Meldung der Systembetreiber wird u. a. zur Kontrolle herangezogen.
Damit soll sichergestellt werden, dass die Kosten der Systembetreiber für das Recycling analog zu ihren Beteiligungsmengen sind. Das schafft einen fairen Wettbewerb unter den Systembetreibern. Die Regeln dafür stellt die ZSVR im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt auf.
So werden die Marktanteile berechnet: Weitere Informationen dazu finden Sie hier.
Die Verwertungs- bzw. Recyclingquoten wurden in den vergangenen Jahren so weit erhöht, dass ihre Erreichung nur mit einem Kraftakt aller Beteiligten zu schaffen waren. Das erforderte Maßnahmen auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette. Die ZSVR überwacht die Recyclingquoten, so dass auch hier Transparenz geschaffen wird. Für die Umweltwirtschaft in Deutschland ist das ein großer Schub, da hier in großem Umfang Technik neu entwickelt werden muss, die weltweit dringend gebraucht wird.
Zahlen, Daten, Fakten: Die Recyclingquoten der Systembetreiber aus den vergangenen Jahren finden Sie hier.
Die ZSVR entwickelt und veröffentlicht den Mindeststandard zur Bemessung des recyclinggerechten Designs von Verpackungen. Dieser wird jährlich aktualisiert und jeweils am 1. September in einer aktualisierten Fassung erneut veröffentlicht. Auf Grundlage des Mindeststandards müssen die Systembetreiber finanzielle Anreize schaffen, um die nachhaltige Gestaltung von Verpackungen zu fördern. Das ist zwingend notwendig, um sowohl die hohen Recyclingquoten als auch die weiteren Ziele des Verpackungsgesetzes dauerhaft zu erreichen. Das verstärkt die ökologische Lenkungswirkung des Systembeteiligungsentgelts.
Wann ist eine Verpackung recyclingfähig – und was sind die Vorteile einer recyclinggerechten Gestaltung? Weitere Informationen dazu und zum Mindeststandard finden Sie in diesem Themenpaket.
Die Systembetreiber müssen regional und überregional über Sinn und Zweck von getrennten Sammelsystemen und über Verwertungsergebnisse informieren. So steht es im Verpackungsgesetz. Die Qualität der Sammelgemische hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschlechtert, weil die unverzichtbare Leistung der Vorsortierung durch den Verbraucher nicht mehr durch Information und Motivation unterstützt wurde. Das muss sich im Sinne der dauerhaften Erfüllung der Recyclingquoten ändern. Die Initiative „Mülltrennung wirkt“ der Systembetreiber klärt Verbraucher über die richtige Abfallentsorgung und das Recycling auf. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite der Initiative unter https://www.muelltrennung-wirkt.de/.
Die erste Novelle des Verpackungsgesetzes ist bis zum 1. Juli 2022 in drei Stufen in Kraft getreten. Erfahren Sie mehr über die gesetzlichen Änderungen.